World Conference Center Bonn (WCCB) Seit Wochen beschäftigt Bonn die Frage, ob es beim WCCB zu einem Baustopp kommt oder ob es gelingt, das Projekt zuende zu bringen. Zwei Beiträge auf dieser Seite befassen sich mit der Geschichte des Projektes und mit den Akteuren.
Das Desaster nimmt seinen Lauf
Am 5. August 2009 bestätigte das Bonner Landgericht die Ansprüche eines israelischen Investors auf die Firma, die auf Bonns größter Baustelle seit zwei Jahren ein neues Kongresszentrum und ein Hotel baut. Die Frage, wie das Projekt WCCB fertig gestellt und die seit Monaten bestehende Finanzlücke in Höhe von mindestens 30 Mio € geschlossen werden soll, wurde durch diese Entscheidung des Gerichtes noch ein Stück dramatischer. Aufgetan hat sich die Lücke im Januar dieses Jahres, als der koreanische Investor SMI Hyundai eingestehen musste, die Kosten für die mittlerweile um ca. 30% gestiegenen Baukosten nicht mehr aufbringen zu können. Anstelle dieses Investors präsentierte die Stadt ein paar Wochen später einen neuen Investor: die Honua Investment Management Inc.. Ihr setzte die Stadt mehrere Fristen, um die nötigen Finanzmittel für die Fertigstellung des Projektes zu erbringen. Alle Fristen sind mittlerweile verstrichen, ohne dass etwas passiert ist.
Das World Conference Center Bonn (WCCB) umfasst die ehemaligen Plenargebäude des Deutschen Bundestages – den Neuen Plenarsaal und das Wasserwerk – und Teile des Bundeshauses, die sog. „Bestandsbauten“. Die Planungen für eine Erweiterung um ein neues Kongresszentrum gehen bis in die 90er Jahre zurück. Getragen wurden sie von einem breiten politischen Spektrum im Bonner Stadtrat. Konkreter wurden die Planungen, als am 27. Februar 2002 in Anwesenheit des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan Bund, Land NRW und die Stadt Bonn die „Vereinbarung über die Ansiedlung internationaler Einrichtungen in Bonn und IKBB“ trafen. IKBB, „Internationales Kongresszentrum Bundeshaus Bonn“, war der Namen für den Komplex bis 2007, er wurde dann von WCCB abgelöst. Die Stadt erhielt im Rahmen dieser Vereinbarung vom Bund den Plenarsaal, das Wasserwerk und den sogenannten „Vizepräsidentenbau“ zur Nutzung zur Verfügung und übernahm die Trägerschaft für das Projekt. Am 21. Dezember 2004 ging das Büro „YES architecture“ als Sieger aus einem sechsmonatigen Architektenwettbewerb für den „Erweiterungsbau“ hervor.
Baustelle WCCB: links das neue Kongresszentrum,
im Hintergrund das HotelErmöglicht wird die Erweiterung des Kongresszentrums zuerst einmal vom Bund. Er überlässt für den Bau Grundstücke im Wert von 43,5 Mio. € und sorgt für Rücklagen in Höhe von 52 Mio €. Diese Rücklagen sollen dazu dienen, mögliche Mindereinnahmen durch die Zinseinnahmen auszugleichen. Reichen diese nicht aus, werden die Rücklagen selbst herangezogen und im schlimmsten Fall, wenn die Rücklagen verbraucht sind, muss die Stadt die entstehenden Kosten tragen.
Großspurige Versprechen
Fehlte noch ein Investor! Ihn präsentierte die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) 2005: das koreanische Unternehmen SMI Hyundai. Verhandlungen mit zwei anderen potentiellen Investoren waren vorher abgebrochen worden. Der Idee, das Projekt in kommunaler Aufsicht durchzuführen, war die Stadt nicht nachgegangen. Der Bau des Bonner Kongresszentrums sollte für die koreanische Firma das erste Großprojekt in Europa sein. In das Gesamtprojekt erklärte Man Ki Kim, zum damaligen Zeitpunkt Präsident der SMI Hyundai, ca. 140 Mio. € zu investieren, um am Rhein das „führende Kongresszentrum in Deutschland“ und eine „internationale Begegnungsstätte für Geschäftsleute“ entstehen zu lassen. Der Investor verpflichtete sich per Vertrag, für die Zeit von 30 Jahren die „Bewirtschaftungs- und Serviceleistungen“ für das Kongresszentrum zu übernehmen. „ohne dass hierfür die Stadt einen dauerhaften Zuschuss zahlen muss“. Im November 2006 fand der erste Spatenstich für den Erweiterungsbau statt. Vor 200 geladenen Gästen lobte Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann SMI Hyundai und deren damaligen Präsidenten: „Sie sind ein Glücksfall für Bonn.“
Mit der weiteren Planung des Baues, der Projektsteuerung und dem Baumanagement wurde das Berliner Büro HONG Architekten beauftragt. Zwei Jahre nach Baubeginn umfasst der Gebäudekomplex heute das 17-stöckige Ameron World Conference Hotel mit insgesamt 68 Metern Höhe und 334 Zimmern und Suiten und das Kongresszentrum mit einem großen Saal im Zentrum, der mehr als 2500 Teilnehmern Platz bietet.
Ein Jahr vor der angekündigten Fertigstellung des Komplexes, Anfang 2009 gab es erste Informationen über Probleme mit dem Investor SMI Hyundai. Die Kosten für die Fertigstellung des Projektes würden nicht wie geplant 140 Mio. €, sondern 200 Mio. € betragen. SMI Hyundai war nicht mehr in der Lage, die zusätzlichen 60 Mio. € zu finanzieren. Die 30 prozentige Baukostensteigerung erklärten Vertreter der Stadt Bonn u.a. damit, dass das Hotel von ursprünglich 200 auf nun 336 Zimmer vergrößert worden sei, außerdem sei es zu einer Materialkostensteigerung und einer nicht absehbaren Abwertung des Dollars gekommen. Zumindest die Angabe über die Vergrößerung des Hotels kann nicht stimmen. Schon bei der Beschlussfassung 2005 war die Zahl von 336 Zimmer für das Hotel vorgesehen.
Die angekündigte Finanzierung des Baus durch den Investor entpuppte sich heute als großspuriges Versprechen. Tatsächlich wurde bis Anfang 2009 der Bau durch einen Kredit der Sparkasse KölnBonn in Höhe von 74 Mio. € und 36 Millionen € des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert. SMI Hyundai brachte in das Projekt "Eigenmittel" ein, die tatsächlich alle von anderen Investoren stammen. 10 Mio. € davon waren ein Kredit der Firma Arazim Ltd.. Dieser Kredit und seine verspätete Rückzahlung führte dazu, dass Arazim heute mit 94 Prozent Hauptgesellschafter der UNCC ist. Als solcher erwirkte Arazim am 19. Mai 2009 eine Einstweilige Verfügung gegen den Eintrag ins Bonner Handelsregister, wonach neben Hyundai mit sechs Prozent ein anderer koreanischer Investor, Honua, mit 94 Prozent Gesellschafter der UNCC ist.
Honua soll nun nach dem Ausstieg von SMI Hyundai die Finanzlücke schließen! Im Frühjahr dieses Jahres erklärten vertreter der Stadt, der koreanische Investor sei in das für die Durchführung des Bonner Projektes gegründete United Nations Conference Center (UNCC) eingestiegen und verspreche nun die Endfinanzierung. Andrew Jang, der Vertreter von Honua, habe sich, so die Stadt, verpflichtet, 30 Mio € zur Schließung der Finanzlücke zu überweisen. Auf diese versprochenen Millionen wartet die Stadt Bonn seitdem vergeblich. Zwei Fristen wurden nicht eingehalten: erst hieß es, die Stadt habe Honua bis zum 30. Juni 2009 eine Frist gesetzt, dann wurde sie auf den 10. Juli 2009 verlängert. Überwiesen wurde nichts. Dasselbe passierte, als die Oberbürgermeisterin Honua für den 28. August 2009 ein "Ultimatum" stellte.
Neben der weiteren Finanzierung in Höhe von 30 Mio €, die durch den neuen Investor erfolgen soll, kündigte die Stadtverwaltung im April 2009 an, dass die Sparkasse KölnBonn einen neuen Kredit in Höhe von 30 Mio. € geben werde. Die Entscheidung für diesen Kredit sollte nach einer abgeschlossenen Risikobewertung durch eine Wirtschaftsprüfung erfolgen. Eine Nebenabrede in Höhe von 104 Mio €, eine Quasi-Bürgschaft für den Gesamtkredit der Sparkasse, übernahm die Stadt Bonn nach einem Beschluss des Rates.
Wem gehört die UNCC GmbH ?
Ein Grund, warum Honua die versprochenen Finanzmittel nicht überwiesen hat, hängt mit den Besitzverhältnissen beim UNCC zusammen. Die Firma wurde von SMI Hyundai gegründet und soll des Projekt realisieren. Geschäftsführer ist nach wie vor Man Ki Kim, während der bei SMI Hyuandai seit Anfang 2009 von einem neuen „Präsidenten“ abgelöst wurde. Den „Projektvertrag WCCB“ schloss die Stadt dann auch mit SMI Hyundai/UNCC ab. Was die Besitzverhältnisse bei UNCC angeht, lautete Wochen lang die Frage:Wer überhaupt ist UNCC? Hat SMI Hyundai noch Anteile? Welche Anteile hat Honua? Seit der vorläufigen Entscheidung des Landgerichtes am 5. August 2009 ist klar, dass Arazim Investments Ltd.derzeit einen Anspruch auf 94% hat. Dabei sieht der Projektvertrag zwischen der Stadt und SMI Hyundai/UNCC vor, dass die Stadt einer Übertragung von mehr als 50% der Anteile am UNCC an eine andere Firma zustimmen muss. Stellt sich die Frage, aus welchem Grund der neue koreanische Investor 30 Mio € in eine Firma einbringen soll, die ihm zum größten Teil gar nicht gehört?
Eng mit der Frage, wer die „restlichen“ finanziellen Mittel zur Fertigstellung des WCCB aufbringt, ist die Frage der Folgekosten. Erfolgt die Investition durch Honua nicht, tritt der sogenannte Heimfall ein, was bedeutet, dass das Projekt an die Stadt zurückfällt. Die Stadt müsste dann für die restlichen 30 Mio. €, die zur Fortführung des Projektes gebraucht werden, einen Kredit aufbringen. Und: die Stadt Bonn müsste die Folgekosten tragen, z.B. die fälligen Zinsen aufbringen, die bei einem Kredit in Höhe von 104 Mio € absehbar etwas mehr als 5 Mio. € jährlich betragen.Chefsache
„Das Bonner Zukunftsprojekt“ WCCB wurde von der Bonner Oberbürgermeisterin von Beginn an als „Chefsache“ behandelt. Bärbel Dieckmann präsentierte 2005 den Investor SMI Hyundai, sie sonnte sich in dem Glanz, den das Projekt bei seinem ersten Spatenstich ausstrahlte, sie besetzte die städtische Projektgruppe mit zwei Mitarbeitern ihres Vertrauens, die bis dahin keinerlei Erfahrung im Umgang mit einem Projekt in dieser Dimension hatten, und sie überließ das Controlling des Baus dem schon mit anderen städtischen Liegenschaften überforderten „Städtischen Gebäudemanagement“ (SGB). Nachdem die Finanzierung und endgültige Fertigstellung des Projektes WCCB ins Trudeln geraten war und das Projekt eine negative Schlagzeile nach der anderen erhielt, war die Oberbürgermeisterin viele Wochen abgetaucht. Von ihr gab es keine Interviews zum Thema, Stellungnahmen gaben andere ab. Ganz offensichtlich bestand die Taktik darin, das Desaster erst nach den anstehenden Kommunalwahl am 30. August 2009 zuzugeben. Wie sonst wäre zu erklären, dass Vertragsbrüche hingenommen wurden oder gesetzte Fristen durch neue ersetzt wurden, ohne dass etwas passierte?
Größenwahn
Ausschlaggebend für die Entstehung der Probleme sind aber nicht nur das mangelnde Management durch die Spitze der Bonner Stadtverwaltung, sondern auch eine Politik der Stadtspitze und die sie tragenden Parteien der großen Koalition, die sich nur als „Politik des Größenwahns“ beschreiben lässt. Es sollte nicht genügen, ein „Internationales Kongresszentrum“ zu schaffen, es musste ein „World Conference Center“ werden mit imposanter Ausstattung, alles eben auf „Weltniveau“. Aufgrund der Probleme dieser „Politik des Größenwahns“ wäre zu erwarten, dass die Beteiligten zur Besinnung kommen. Dem ist überhaupt nicht so. Das nächste Bonner Projekt mit „Weltniveau“, das geplante Festspielhaus wird von denselben Akteuren der Stadtspitze und der Parteien der Großen Koalition betrieben, die die Probleme mit dem WCCB zu verantworten haben.
(5.9.2009)System Dieckmann
trifft
System SMI HyundaiSeit dem 1. September 2009 sucht die Bonner Oberbürgermeisterin einen neuen Projektleiter für Bonns größte Baustelle, das WCCB. An diesem Tag trat Evi Zwiebler von ihrem Amt als WCCB- Projektleiterin zurück. Dieser Vorgang lenkt den Blick auf die Akteure, die das WCCB bauen. Es handelt sich dabei um gut ein Dutzend Personen. Eine Erklärung des WCCB-Desasters ist in hohem Maße aus dem Zusammenwirken dieser Akteure zu verstehen. Die lassen sich zwei „Systemen“ zuordnen: dem „System Dieckmann“ und dem „System SMI Hyundai“.
Im Zentrum des „Systems Dieckmann“ steht die Bonner Oberbürgermeisterin. Als das Projekt WCCB (damals noch bescheiden „Internationales Kongresszentrum Bundeshaus Bonn“ - IKBB) Konturen annahm, befand sich Bärbel Dieckmann in ihrer zweiten Amtsperiode. Sie hatte die OB-Wahl gegen den CDU-Kandidaten gewonnen und im Rat verschaffte sie sich Mehrheiten aus SPD und CDU. Entschieden wurde über das Projekt WCCB schließlich in der jetzigen, Bärbel Dieckmanns dritter Amtsperiode. Frau Dieckmann begann nach der Wahl 2004 damit, sich „projektbezogene Mehrheiten“ (bei allen Parteien) zu verschaffen. Nachdem das nicht geklappt hatte, stützte sie sich 2006 ein knappes halbes Jahr auf eine Ampelkoalition (SPD-Grüne-FDP). Diese Koalition wurde von Frau Dieckmann im September 2006 beendet, seitdem gibt es im Rat eine Große Koalition. Vor diesem Hintergrund sind Dieckmanns Personalentscheidungen zu sehen – gerade auch die Personalentscheidungen im Zusammenhang mit dem Projekt WCCB.
Arno Hübner:
Eine von Dieckmanns wichtigsten Personalentscheidungen für das Projekt WCCB war, Arno Hübner mit der Betreuung zu beauftragen. Hübner ist kein SPD-Genosse, sondern CDU-Mitglied. Er war bis 2007 Dezernent und Stadtdirektor, in dieser Position in der Verwaltung der Stadt Bonn der erste Vertreter der Oberbürgermeisterin. Seit dem Beginn der Planung der WCCB-Erweiterung war Arno Hübner hinter Bärbel Dieckmann derjenige, der in der Verwaltung für das Projekt zuständig war. Als Hübner 2007 pensioniert wurde, benannte die Oberbürgermeisterin ihn umgehend zum WCCB-Projektbeauftragten. Das Projekt war mittlerweile gestartet worden (1. Spatenstich 2006, Baubeginn 2007) und Hübner sollte für Kontinuität bei der Betreuung sorgen. Mit der Wahl von Hübner beauftragte die Oberbürgermeisterin einen Akteur, der vorher keinerlei Erfahrungen bei Projekten gesammelt hatte, die auch nur annähernd die Dimension des WCCB haben. Hübner war für das städtische Personalamt und ein paar Jahre für die Bonner Schulen als Dezernent zuständig.Evi Zwiebler:
Bis zu ihrem Ausscheiden am 1. September 2009 war Evi Zwiebler städtische WCCB-Projektleiterin. Wie Hübner hatte Zwiebler keinerlei Erfahrungen im Umgang mit solchen Projekten, die mit dem WCCB vergleichbar sind. Evi Zwiebler ist Chefin des Bonner Bürgeramtes, ein Amt, das sich beispielsweise um Kfz-Zulassungen kümmert. Zwieblers Kompetenzen, die sie befähig(t)en, ein Millionen-Projekt wie das WCCB zu leiten? Ihre Leistungen im Bonner Karneval können für die Entscheidung der Bonner Oberbürgermeisterin nicht ausschlaggebend gewesen sein. Vielleicht eher ihre Parteimitgliedschaft – auch Frau Zwiebler ist keine Genossin, sondern CDU-Mitglied.Friedhelm Naujoks:
Parteigenosse ist dagegen Friedhelm Naujoks - Chef des Städtischen Gebäudemanagements (SGB) mit einem Jahresgehalt von mittlerweile 175.000 €. Seine Rolle beim WCCB-Ausbau in dem „System Dieckmann“ besteht darin, das „Controlling“ des Baues durchzuführen. Vertraglich hat sich SMI Hyundai/UNCC dazu verpflichtet, monatlich der Stadt über die Baufortschritte zu berichten. Die Kontrolle dieser Berichte besorgt seit dem Baubeginn Friedhelm Naujoks, dem diese Aufgabe neben den sonstigen Aufgaben des SGB zugewiesen wurde. Mit diesen „sonstigen“ Aufgaben ist das SGB schon voll und ganz ausgelastet – daneben auch noch die Kontrolle von Bonns größter Baustelle auszuüben, war eine Aufgabe, die Bonns Spitzenmanager Naujoks ganz offensichtlich überforderte. Weder wurden Baumaßnahmen, die zur Kostensteigerung führten, von seiner Seite verhindert, noch die gewählten Gremien der Stadt über diese Maßnahmen informiert und vor den Folgen frühzeitig gewarnt.Wilfried Klein u.a.:
Weitere Akteure, die auf städtischer Seite beim WCCB agieren und zu dem „System Dieckmann“ gehören, präsentieren wie Hübner, Zwiebler und Naujocks die Große Koalition, die im Rat die Mehrheit hat. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Wilfried Klein ist in seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sparkasse KölnBonn der Akteur, der für die gewünschten Entscheidungen des Sparkassenvorstandes sorgt und ansonsten seit Wochen in Medien auftritt und erklärt, es gebe keine Finanzierungsprobleme, „alle sollten die Ruhe bewahren“. Stadtkämmerer Ludger Sander (CDU) schweigt zu allen die städtischen Finanzen betreffenden Fragen, die die Grünen zum WCCB stellen, egal ob im Rat oder im Unterausschuss „Zukunft Bonn“ – im Gegensatz zu seiner sonstigen Haltung, wo jede zusätzlich geforderte Ausgabe für Schulen oder Kindergärten von ihm als Bedrohung für den städtischen Haushalt bezeichnet wird. Und schließlich Hübners Nachfolger als Stadtdirektor - Volker Kregel (CDU) ist seit Wochen auf Tauchstation gegangen und lässt den Dingen ihren Lauf.Wie das „System Dieckmann“ funktioniert
Um in den internen Kreis der städtischen Hauptakteure rund um das WCCB aufgenommen zu werden, ist die korrekte Parteizugehörigkeit wichtig - wichtiger auf jeden Fall als Kompetenz - und dann das, was die Oberbürgermeisterin als „Loyalität“ versteht. Fragen zu stellen, Entscheidungen der Oberbürgermeisterin in Frage zu stellen und eine abweichende Meinung zu haben, waren und sind schlechte Voraussetzungen. Wer Zweifel hat, schweigt am besten, darf sie aber auf keinen Fall öffentlich äußern.. Alle haben den Fall der ehemaligen Sozialdezernentin vor Augen, die gegen dieses Prinzip des „Systems Dieckmann“ verstoßen hatte und daraufhin bei der Oberbürgermeisterin in Ungnade gefallen war. Oder die Abstrafung von Intendant Klaus Weise durch die Oberbürgermeisterin nach dessen ungebührlicher Karnevalsrede. Der Informationsfluss aus dem „System Dieckmann“ an die Öffentlichkeit ist spärlich, das gilt ebenfalls für die demokratisch gewählten Gremien der Stadt. Lässt es sich nicht umgehen, dass in einem solchen Gremium Fragen beantwortet werden müssen, dann wird die Sitzung möglichst als „nicht-öffentlich“ deklariert. Schriftliche Vorlagen, schriftliche Antworten gibt es nicht.
Voraussetzung für das Funktionieren dieses Systems ist eine Mehrheit im Rat der Stadt, die das willfährig mit sich machen lässt. Dafür sorgte in den letzten Jahren entscheidend die SPD, von der keine wichtigen politische Initiativen mehr ausgingen und die ihre Kontrollfunktion völlig aufgab. Sehr viel mehr kam auch von Seiten der CDU-Fraktion nicht. Beim WCCB wurde sie erst munterer, als die Grünen – im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch der Bürgerbund – den bedrohlichen Zustand des WCCB-Projektes enthüllt hatten.
Das „System Hyundai“
Im Gegensatz zu den Akteuren auf der städtischen Seite sind einige der Akteure bei SMI Hyundai, sofern es sich um Akteure auf der Bonner Bühne handelt, Personen ohne lange Hyundai-Vergangenheit. Das „System Hyundai“ ist offener als das „System Dieckmann“und hat daraus seine Vorteile gezogen. In kürzester Zeit kamen Außenstehende in wichtige Positionen von SMI Hyundai.
Man Ki-Kim:
Zentrale Figur im „System Hyundai“ auf Bonner Ebene ist Man Ki-Kim. Er präsentierte sich 2005 als der Macher des Projektes Kongresszentrum, als „Präsident“ eines Konzerns, dessen Namen Liquidität und süd-koreanisches Know-how versprach. Tatsächlich hat die Firma nichts mit dem Hyundai-Konzern zu tun. Bauprojekte von SMI Hyundai in Europa gab und gibt es neben dem WCCB nicht, erst recht keine abgeschlossenen. Stattdessen schmückte sich die Firma mit Projektideen und im Bau befindlichen Projekten in Nord-Afrika und in Südost-Asien. Seit 2007 ist Man Ki-Kim Geschäftsführer der UNCC GmbH, der Gesellschaft, mit der die Stadt einen Vertrag abschloss, die das Bauprojekt ausführt und der es gehört. 2009 wurde Kim als „Präsident“ von SMI Hyundai abgelöst, Geschäftsführer der UNCC GmbH – und damit Vertragspartner der Stadt Bonn – ist er nach wie vor, obwohl seine Gesellschaft mittlerweile zu 94% der israelischen Arazim gehört.Micheal Thielbeer
Zu den Gewinnern des WCCB-Projektes gehört Dr. Michael Thielbeer. Vor seiner Bonner Zeit arbeitete er für die Roland Berger Strategy Consultants GmbH. Anschließend war er für die Plaut Strategy Consulting GmbH tätig und kam in diesem Zusammenhang nach Bonn, um erst den Bund und dann die Stadt bei dem Kongresszentrumsprojekt zu beraten. 2002 verließ Thielbeer die Beratungsgruppe Plaut. Als selbständiger Berater war er es, der 2005 für die Stadt die entscheidende Expertise zugunsten von SMI Hyundai ausstellte. Am 10.11.2005 legte er seine „Einschätzung Wirtschaftlichkeitsberechnung SMI Hyundai“ der Bonn „Projektgruppe IKBB“ (Arno Hübner, Evi Zwiebler) vor. Wichtigste Aussagen dieses Papiers: „Aus meiner Sicht lassen sich Kosten für das Gesamtprojekt in einer Größenordnung von € 130 - 140 Mio. plausibilisieren. Eine weitere Hinterfragung der Kosten kann dann insoweit zurückgestellt werden, solange SMI Hyundai keine finanziellen Forderungen an die Stadt stellt.“ Am 28. 11.2005, nicht ganz drei Wochen nach Thielbeers Expertise, wurde den Gremien des Rates eine "Beschlussvorlage" vorgelegt. Verantwortlich für die Vorlage: Arno Hübner, innerhalb von einem Tag von der gesamten Dezernentenriege abgesegnet, Sander, Trommer (damaliger Planungsdezernent) etc., und freigegeben von Frau Dieckmann. Darin heißt es: "Der Rat ermächtigt die Oberbürgermeisterin mit UNCC/SMI Hyundai einen Projektvertrag abzuschließen." Über den Vertragspartner heißt es: "Bei der Firma SMI Hyundai Corporation handelt es sich um eine Gemeinschaftsgesellschaft zwischen der SMI Capital & Investment LLC, USA und der Firma Hyundai Remodeling Co. LtD., Korea. Die Anteile der Hyundai Remodeling Co. LtD. werden gehalten von der Hyundai Engineering & Construction Co. und Mitgliedern des Managements dieser Gesellschaft. Bei der Hyundai Engineering & Construction Co. handelt es sich um die Gesellschaft, die der Patriarch des Hyundai-Konzerns, Herr Ju Young Chung, als erste der Hyundai-Gesellschaften im Jahre 1947 gegründet hat." Und weiter: "Zur Realisierung des Projektes IKBB wird SMI Hyundai die UNCC GmbH gründen. Die weiteren baulichen Planungen werden von dem firmeneigenen Planungsbüro unter der Leitung von Dipl.-Ing. Young Ho Hong und in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro yes-architecture (Frau Prof. Berktold und Frau Wicher) durchgeführt." Am 14.12.2005 entschied der Rat der Stadt Bonn, den Bau des Kongresszentrums mit SMI Hyundai durchzuführen. Für Thielbeer war das der Beginn einer Karriere bei SMI Hyundai – aus dem Berater Thielbeer ist mittlerweile ein Teilhaber geworden: der erste Schritt dazu war die Aufnahme von Thielbeer in das „Executive Team“ von SMI Hyundai, wenig später wurde er Teilhaber (mit 4%) und stellvertretender Geschäftsführer der WCCB Management GmbH.Young Ho Hong
Größter Gewinner des WCCB-Projektes dürfte bislang Young Ho Hong sein. „Hong Architekten“ heißt seine Firma in Berlin und auf der Internetseite von „Hong Architekten“ erfährt der Besucher: „Auf der Basis des preisgekrönten Wettbewerbsentwurfs von 2004 planen, steuern und bauen wir für unseren Auftraggeber das neue WCCB.“ Nichts erfährt der Besucher allerdings darüber, dass Hong als zeitweiliger Geschäftsführer der UNCC GmbH Bauherr und Bauunternehmer gleichzeitig war. (Mit)Geschäftsführer der UNCC GmbH ist er nicht mehr, dafür aber seit 2007 Geschäftsführer und 100%iger Anteilseigner der SMI Hyundai Europe GmbH. Alleine durch ein „Umplanungshonorar“ hat Young Ho Hong mehr als 6 Mio. € beim WCCB-Bau zusätzlich verdient – ein Beitrag zur Kostenexplosion. Genauso wie die knapp 9 Mio. € für „erhöhten Aufwand“, um aus ursprünglich geplanten Büroräumen Hotelzimmer zu machen. Dabei hatte Michael Thielbeer, als er noch „selbständiger“ Berater war, den Aufwand für diese Hotelzimmer in den 139 Mio. € inklusive gesehen. Neben „Hong Architekten“ und SMI Hyundai Europe ist Young Ho Hong seit dem 2.8.2008 mit 92% Anteilen Inhaber der WCCB Management GmbH. Diese Firma erhält jährlich 1,6 Mio. Zuschüsse - 1 Mio. von der Stadt Bonn, "Betriebskostenzuschuss" für die Beethovenhalle, und 600.000 € aus den Rücklagen des Bundes", Betriebskostenzuschuss" für das WCCB. Als Honua im Sommer dieses Jahres zusätzlich zu diesen 1,6 Mio. noch einmal 1 Mio. "Marketingzuschuss" für die WCCB Management GmbH verlangte - erklärte die Stadt in einer "Bestätigung und Absichtserklärung" vom 21.7.2009: "Die Stadt erkennt die Honua-Parteien als strategischen Partner des Projektes an und wird sich nach Kräften bemühen, die erfolgreiche Fertigstellung und den erfolgreichen Betrieb des Projektes zu unterstützen. Dazu gehört auch, dass über die Verpflichtungen hinaus, die im Projektvertrag übernommen worden sind, bis zum Jahre 2014 ein jährlicher Betriebskostenzuschuss in Höhe von 600.00 Euro und bis zum Jahre 2010 ein jährlicher Marketingzuschuss von 1 Mio. Euro garantiert werden." Unterzeichner: Evi Zwieber (Projektleiterin)/ Arno Hübner (Projektbeauftrager)(8.9.2009)
Eine frühere Fassung dieses Beitrages erschien am 6. September 2009 auf
www.rheinraum-online.de
Zum weiteren Gang der Ereignisse
Wenige Tage nach Veröffentlichung des Beitrages verhaftete die Bonner Staatsanwaltschaft Young Ho Hong und Michael Thielbeer wegen des Verdachts "des Betruges zum Nachteil der Stadt Bonn, der Untreue z. N. von Gesellschaften sowie der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr“.
Man Ki-Kim wird mit einem internationalen Haftbefehl gesucht.Die Eröffnung eines Verfahrens gegen Bärbel Dieckmann, Evi Zwiebler und Arno Hübner dauerte etwas länger. Anfang Dezember 2009 leitete die Staatsanwaltschaft gegen sie Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue in einem besonders schweren Fall ein. Gegen Friedhelm Naujoks wurde am 31. März 2010 ein Verfahren eröffnet. Ihm wird zusammen mit zwei weiteren städtischen Mitarbeitern im Zusammenhang mit der Gewährung von Landeszuschüssen
"Betrug in einem besonders schweren Fall" vorgeworfen.8. April 2010
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