Von Jochen F. Rohlinger
Bonn. "Die Orga-Untersuchung des Jugendamtes liegt vor. Positiv ist die Sache an sich in jedem Fall, jetzt kommt es darauf an, was daraus wird." Was ein gewisser Rudi Ratlos im Mitarbeiterblättchen der Bonner Stadtverwaltung meint, hat sich offenbar durchgesetzt. Die Skepsis, die vor allem bei der Ratsopposition und in breiten Kreisen des Jugendamtes herrschte, als die rot-grüne Ratsmehrheit die wissenschaftlich begleitete Selbstuntersuchung beschloß, ist deutlich geschwunden. Per Losverfahren mußten Plätze in den Arbeitsgruppen verteilt werden so zahlreich drängten sich Mitarbeiter des Amtes, als es im Vorjahr galt, in ihrer Freizeit an der Modernisierung ihrer Verwaltungsgliederung mitzuwirken.
"Auf einem guten Weg" nennt die Mitarbeiterzeitung das Jugendamt. Bürgermeisterin Dorothee Paß-Weingartz und Ausschußmitglied Petra Merz von Bündnis 90/Die Grünen, Initiatorinnen und Vorkämpferinnen der rot-grünen Ratskoalition für die Modernisierung in diesem Stadtamt, beurteilen die Abschlußbewertung des beauftragten Instituts für soziale Arbeit (ISA) ebenfalls "sehr positiv". Mindestens ebenso wichtig ist den Politikerinnen, daß durch die aktive Mitarbeit aus dem Mitarbeiterstab heraus, "viel Bewegung ins Amt gebracht worden ist". Und ihr wohl wichtigstes Anliegen bei einer Pressekonferenz am Montagmorgen lautete: "Diese Motivation und Aktivitäten dürfen jetzt nicht aufhören, der Prozeß muß weitergehen!" Etwa die Hälfte der 300.000 Mark, die der Rat für die ISA-Untersuchung und die Folgerungen daraus bereitgestellt hatte, stehen noch zur Verfügung.
Aufbauen kann der anstehende Strukturwandel im Bonner Jugendamt auf vier Kernergebnissen der Beratungen. Zunächst: Ein "übergeordnetes" Leitbild für Identität und Wirkensziel des Amtes für Kinder, Jugend und Familie der Bundesstadt Bonn soll entwickelt werden. Zweitens soll das Amt dezentralisiert gegliedert werden und "sozialräumlich orientiert" effizienter wirken können. Drittens sollen "regelmäßige Steuerungs- und Informationsgremien" geschaffen werden, nicht zuletzt, damit viertens übetriebliche Prozesse und organisatorische Abläufe optimiert werden" können.
Die "Hauptstützen" der Untersuchung, die Mitarbeiter-Arbeitsgruppen unter ISA-Anleitung, haben auch ein konkretes Projekt benannt, das in die Zukunft weist: Die "sozialraumorientierte Ressourcenplanung und -steuerung" als Feineinstellung der Dezentralisierung soll ab dem nächsten Jahr in einem "Modellbezirk" erprobt werden. Aktive und spürbare Jugendsozialarbeit vor Ort, gestützt durch eine effiziente, dienstleistungsorientierte Amtszentrale.
Für alle Visionen gilt: Am 4. Mai sollen in einer Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses Bilanz und Schlüsse daraus gezogen werden.
Meiner Meinung nach:
Jochen F. Rohlinger
Im Jugendamt: Heilsame Bewegung
Ein "bewegtes Amt" ist das Amt für Kinder, Jugend und Farrilie der Bundesstadt Bonn. Hat es doch erst voreinigen Jahren per Gesetz eine dynamischere Aufgabenstruktur ilbergestülpt bekommen. Dann mußte es mit einem WechSel der Bonner Stadtrats-Mehrheit fertig werden. Die dann auch noch die "Revolution" angezettelt hat: Eine Organisationsuntersuchung. - Die vermeintliche Roßkur wurde vom ISA-Institut gescheiterweise nicht durchgequält; sondern die Mitarbeiter motiviert, selbst Schwächen und Chancen auf die Spur zu kommen.
Dabei kamen die Jugendamtsmitarbeiter wahrlich in Bewegung; und die Ergebnisse ihrer gemeinsamen angeleiteten Selbstdiagnose sind beeindruckend. Wenn nun von Politikern der Wunsch zu hören ist, das Amt möge sich auch künftig als "bewegtes Amt" verstehen, so deutet sich ein Vorwärtsschub an, wie er in manchen Stuben in Bonns Rat- und Stadthaus fehlt. Auch wenn mancher Rudi Ratlos darin lieber auf den steinigen Weg zurückblickt und auf die großen und kleinen Stolpersteine, die er und andere draufgeworfen haben.