Briefwechsel zwischen Hans Weingartz und Joschka Fischer - Auswärtiges Amt - wegen der Ausbürgerung des deutschen Schriftstellers Peter-Paul Zahl
Von: Hanswein@t-online.de [mailto:Hanswein@t-online.de]
Gesendet am: Mittwoch, 3. Februar 2004 17:55

An: joschka.fischer@bundestag.de
Betreff: ppzahl

Hallo Joschka,
auf meinen Seiten im Internet habe ich ein paar Dokumente veröffentlicht, die mir ppzahl zugeschickt hat und in denen die Auseinandersetzung um seine Ausbürgerung dokumentiert wird. Dein Name (im Zusammenhang mit deinem Amt) taucht dabei häufig auf. Mich interessiert, wie du die Angelegenheit siehst.

Schöne Grüße
Hans Weingartz



 

Von: 505-2@auswaertiges-amt.de [mailto:505-2@auswaertiges-amt.de]
Gesendet: Montag, 9. Februar 2004 15:50

An: hanswein@t-online.de
Betreff: Peter Paul Zahl
 

Sehr geehrter Herr Weingartz,

Ihre email an Herrn Bundesminister Fischer vom 04. Februar 2004 beantworte ich wie folgt:

Das Auswärtige Amt hat Verständnis für den Wunsch des Herrn Zahl, weiterhin einen deutschen Pass zu haben, nicht zuletzt um auch in Zukunft einer anerkannten kreativen Tätigkeit in Deutschland ungehindert nachgehen zu können. Ich bitte Sie jedoch, bei der Diskussion um die Maßnahme der Deutschen Botschaft Kingston Folgendes zu berücksichtigen:

Entgegen der häufig geäußerten Auffassung ist Herr Zahl nicht durch das Auswärtige Amt oder die Botschaft Kingston "ausgebürgert" worden; das Instrument der "Ausbürgerung", d.h. der Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit gegen den Willen des Betroffenen durch eine Behörde, gibt es aus gutem Grund nicht.

Eine Einziehung des Passes bewirkt nicht den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit. Dieser trat im vorliegenden Fall vielmehr - bereits im Jahre 1995 - durch den Erwerb der jamaikanischen Staatsangehörigkeit auf Antrag automatisch nach dem Gesetz ein. Die Einziehung des Passes - im Jahre 2002 - zog die Konsequenz aus diesem Verlust der Staatsangehörigkeit. Es ist die Aufgabe der Botschaft Kingston als Passbehörde, sicherzustellen, dass ein deutscher Reisepass nicht von einer Person gebraucht wird, die nicht (mehr) die deutsche Staatsangehörigkeit hat.

Mit anderen Worten: Hätte Herr Zahl nicht die jamaikanische Staatsangehörigkeit beantragt, hätte er seine deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren und hätte selbstverständlich weiterhin das Recht auf einen deutschen Pass!

Nach dem Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist es nun Sache von Herrn Zahl, sich darum zu bemühen, diese wieder zu erwerben. Das Auswärtige Amt und die Botschaft unterstützen ihn hierbei bereits im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Zuständig ist allerdings nicht das Auswärtige Amt, sondern das Bundesverwaltungsamt, das nicht dem Auswärtigen Amt unterstellt ist. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich deshalb keine Angaben zur Frage des Wiedererwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit machen kann, zumal einem Dritten gegenüber. Wenn Herr Zahl jedoch seine Staatsangehörigkeit wieder erlangt, wird er selbstverständlich entsprechend den gesetzlichen Grundlagen sofort wieder einen deutschen Pass erhalten.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Dr. Jörg Meißner

Auswärtiges Amt
Referat für Staats- und Verwaltungsrecht (Referat 505)
Werderscher Markt 1
10117 Berlin
Internet: http://www.auswaertiges-amt.de
E-Mail: 505-2@auswaertiges-amt.de
Tel.:  01888-17-3721
Fax:  01888-17-5-3721
Fax Sekretariat Referat 505:  01888-17-1490



 

Von: Hanswein@t-online.de [mailto:Hanswein@t-online.de]
Gesendet am: Mittwoch, 11. Februar 2004 16:09

An: 505-2@auswaertiges-amt.de
Betreff: AW: Peter Paul Zahl

Sehr geehrter Herr Meißner,
vielen Dank für Ihre Antwort.

Peter Paul Zahl hat mir mitgeteilt, dass Sie in einer Stellungnahme an das Verwaltungsgericht Berlin am 16.12.2002 bei ihm einen Mangel an "deutschen Eigenschaften" feststellen, an die der Besitz des Reisepasses maßgeblich anknüpft. Es würde mich freuen, wenn Sie mir erläutern, was Sie darunter verstehen.

Mit freundlichen Grüßen
Hans Weingartz



 

Von: 505-2@auswaertiges-amt.de [mailto:505-2@auswaertiges-amt.de]
Gesendet: Mittwoch, 11. Februar 2004 18:01

An: Hanswein@t-online.de
Betreff: AW: Peter Paul Zahl
 

Sehr geehrter Herr Weingartz,

ich bitte Sie um Verständnis, dass ich im Weiteren nicht einzelne Maßnahmen des Auswärtigen Amtes oder gar einzelne Formulierungen in den Stellungnahmen zum VG Berlin erläutern kann, zumal gegenüber Dritten. Sofern Sie ein konkretes Anliegen in eigener Sache oder als bevollmächtigter Vertreter des Herrn Zahl haben werde, bin ich gerne bereit, erneut Stellung zu nehmen, vornehmlich allerdings über das Verwaltungsgericht, bei dem ja in dieser Sache derzeit ein Verfahren anhängig ist.

Ich möchte jedoch auf Ihre Anfrage hin gerne noch einmal versuchen, einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion zu leisten. Mir scheinen hier z.T. Missverständnisse aufgetreten zu sein, vielleicht auch auf Grund der formalen juristischen Sprache, die Stellungnahmen für ein Gericht nun einmal eigen ist.

In dem von Ihnen angesprochenen Schriftsatz vom 16.12.2002 habe ich wörtlich formuliert:

"Denn der Besitz eines deutschen Reisepasses knüpft maßgeblich an die Deutscheneigenschaft an (...)."

Der Begriff der "Deutscheneigenschaft" ist ein Fachbegriff, der einerseits die deutsche Staatsangehörigkeit, andererseits die sogenannte "Statusdeutscheneigenschaft" umfasst, wie sie in Art. 116 GG geregelt ist: Es ist die Eigenschaft, Deutscher im Sinne des Grundgesetzes zu sein. Wir haben in Deutschland eben die besondere Situation, dass wir "Deutsche ohne deutsche Staatsangehörigkeit" kennen, die auch einen Anspruch auf einen deutschen Pass haben. Sie können den Begriff "Deutscheneigenschaft" hier aber gerne der Einfachheit halber durch "deutsche Staatsangehörigkeit" ersetzen.

Wie Sie sehen, geht es hier nicht um irgendwelche "deutsche Eigenschaften". Eben so wenig wie Ihnen war und ist mir daran gelegen, in eine Diskussion einzusteigen, was denn "typisch deutsch" sei. Für das Passgesetz wäre der Ausgang dieser Diskussion unerheblich, denn es knüpft natürlich nicht an "deutsche Eigenschaften" an. Darf es auch nicht, will es nicht der Willkür Tür und Tor öffnen. Sie werden aber verstehen, dass es auf das objektive Merkmal, ob jemand Deutscher ist, bei einem deutschen Pass schon ankommt, und dass die Botschaft Kingston und das Auswärtige Amt das Gesetz beachten müssen.

Ich hoffe, Ihre Fragen hiermit abschließend beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Dr. Jörg Meißner


Von: Hanswein@t-online.de [mailto:Hanswein@t-online.de]
Gesendet am: Montag, 19.4.2004 17:55

An: joschka.fischer@bundestag.de
Betreff: ppzahl

Sehr geehrter Herr Außenminister!
Hallo Joschka!

Vor einiger Zeit habe ich dir eine eMail geschickt, in der ich dich gebeten habe, mir deine Sicht der Ausbürgerung von Peter-Paul Zahl (durch die deutsche Botschaft in Kingston/Jamaika) mitzuteilen.

Als vielbeschäftigter Mensch, der du bist, habe ich nicht damit gerechnet, am nächsten Tag Post von dir in meinem Briefkasten zu finden. Nun ist ein Vierteljahr vergangen. Mittlerweile habe ich zwar immer noch nichts von dir selbst gehört, es gibt allerdings zwei Mails von einem Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes.

Ich melde mich nun noch einmal, weil die Angelegenheit, um die es geht, wichtig ist. Immerhin ist eine Ausbürgerung ein Verstoß gegen ein Recht, das das Grundgesetz jedem Deutschen garantiert, wenn es dort heißt: "Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden."

Ich schreibe dir auch deshalb noch einmal, weil mich die Antworten aus dem Auswärtigen Amt verblüfft haben. Dr. Jörg Meißner vom "Referat für Staats- und Verwaltungsrecht (Referat 505)"  teilte mir mit, es sei die "Aufgabe der Botschaft Kingston als Passbehörde, sicherzustellen, dass ein deutscher Reisepass nicht von einer Person gebraucht wird, die nicht (mehr) die deutsche Staatsangehörigkeit hat" und Peter Paul-Zahl habe mit und seit dem Erwerb des jamaikanischen Passes seine deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Soviel ich weiß, ist es die Aufgabe von deutschen Botschaften, die Interessen der Bundesrepublik Deutschland und die Rechte seiner Bürger im Ausland zu vertreten. Das hat die Botschaft in Kingston im Fall von Peter-Paul Zahl in keiner Weise getan. Doch hat mich diese  Antwort deines Mitarbeiters Dr. Meißner nicht überrascht. Ein Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes wird sich hüten, die Arbeit einer Botschaft zu kritisieren.

Verblüffend finde ich die Argumentation, mit der Dr. Meißner in einer zweiten Mail die Entscheidung der Botschaft in Kingston begründet. Ich hatte ihn gebeten, mir zu erklären, was unter "deutschen Eigenschaften" zu verstehen sei, an die der Besitz eines deutschen Reisepasses geknüpft ist. In einer Schrift von ihm an das Berliner Verwaltungsgericht vom 16.12.2002 heißt es: "Denn der Besitz eines deutschen Reisepasses knüpft maßgeblich an die Deutscheneigenschaft an (...)." Herr Dr. Meißner erklärte mir, wobei er dies als einen "Beitrag zur Versachlichung der Diskussion" ansah, dass der "Begriff der 'Deutscheneigenschaft'" ein "Fachbegriff sei, "der einerseits die deutsche Staatsangehörigkeit, andererseits die sogenannte 'Statusdeutscheneigenschaft' umfasst". Und weil Herr Dr. Meißner berechtigterweise Unverständnis auf meiner Seite befürchtete, erklärte er weiter: "Wir haben in Deutschland eben die besondere Situation, dass wir 'Deutsche ohne deutsche Staatsangehörigkeit' kennen, die auch einen Anspruch auf einen deutschen Pass haben."

Lieber Joschka,
ich weiß nicht, ob es dir auch so geht wie mir. Ich habe auf jeden Fall seit diesem Brief deines Mitarbeiters über diese Zeilen immer wieder nachdenken müssen. Ein Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes begründet die Ausbürgerung damit, dass die betroffene Person (Peter-Paul Zahl) einen anderen (jamaikanischen) Pass hat. Gleichzeitig erklärt er, dass Personen, die derzeit keinen deutschen Pass haben - er meint damit wohl Personen, die derzeit einen russischen oder kasachischen Pass haben -  dass also Personen ohne deutschen Pass Deutsche sind und einen deutschen Pass haben können. Die haben die "Deutscheneigenschaft", während Peter-Paul Zahl kein Deutscher mehr ist, folglich sich in seiner Heimat nicht mehr uneingeschränkt aufhalten und hier nun auch nicht mehr arbeiten darf. Verstehst du das? Mit Logik und Recht hat das nichts zu tun und wo nicht Logik und Recht regiert, da regiert Willkür und deshalb kann ich Peter-Paul Zahl sehr gut verstehen, dass er sich seit seiner Ausbürgerung vor anderthalb Jahren Gedanken darüber macht, warum er nun kein Deutscher mehr sein darf: Ob es daran liegt, dass irgend jemandem in der Botschaft in Jamaika (im Auswärtigen Amt?) sein letzter Roman nicht gefällt. Oder vielleicht seine (jüdische) Nase!? Möglicherweise die ganze politische Richtung, die er vertritt?

Ich möchte dich abschließend darum bitten, dafür zu sorgen, dass Peter-Paul Zahl seinen deutschen Pass zurück erhält. Es gibt viele Tausend Deutsche, die zwei Pässe haben. Warum soll das ausgerechnet bei ihm nicht möglich sein?
 

Schöne Grüße
Hans Weingartz

PS: Auf meinen Seiten im Internet findest du eine ganze Reihe von Informationen über ppzahl und seine Ausbürgerung. Vielleicht schaust du mal rein: http://www.pass-weingartz.de/ppzahl.htm


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