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Paiman und Avan
(August 2009): Paiman und Avan Aziz sind Schülerinnen der Gesamtschule Bonn-Bad Godesberg. Die dreizehnjährige Paiman besucht die Klasse 8d, ihre Schwester Avan ist ein Jahr älter und besucht die Klasse 9d. Beiden droht die Abschiebung in den Irak, obwohl für sie Deutschland die Heimat ist und der größte Teil ihrer Familie in Bonn wohnt. Ihre Eltern mussten 2007 Deutschland verlassen. Seitdem leben die beiden Mädchen bei ihrer erwachsenen Schwester Govan.


Paiman, Govan und Avan (von links nach rechts)

  • Lebenslauf von Paiman Aziz
  • Brief von Hans Weingartz an die Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn
  • Antwort der Stadt Bonn
  • Katrin Scholler: Paiman und Avan - „Geduldet“
  • Was die rechtliche Lage von Paiman und Avan angeht, so gilt zu allererst, was die auch von Deutschland ratifizierte UN-Kinderkonvention über den Status von Kindern sagt, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Die Bonner Oberbürgermeisterin, die für die Beendigung der Aufenthaltserlaubnis verantwortlich ist, beruft sich darauf, dass den beiden Mädchen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylberechtigung entzogen wurde. Das stimmt und das ist schlimm genug. Trotzdem hat die Stadt einen Ermessensspielraum im Hinblick darauf, Flüchtlingen und erst recht Flüchtlingen im Alter von 13 und 14 Jahren eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen. Dieser Ermessensspielraum ergibt sich aus den Paragrafen 25 und 35 des "Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet".

    Gegen den Entzug der Aufenthaltserlaubnis klagen die beiden Mädchen vor dem Verwaltungsgericht in Köln. In einem Brief hat ein Vertreter der Oberbürgermeisterin am 9. August 2009 angekündigt, dass die Ausländerbehörde der Stadt Bonn "wohlwollend" prüfen wird, ob den Geschwistern Aziz nach Abschluss des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht "der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet ggfs. ermöglicht werden kann". Stellt sich die Frage: Warum passiert das nicht sofort? Warum trägt die Stadt nicht sofort dazu bei, den beiden Mädchen die Angst vor der Abschiebung zu nehmen und ihnen Sicherheit zu geben?




    Paiman Aziz

    05.12.1995  geboren im kurdischen Teil des Irak

    14.05.1996  Einreise nach Deutschland zusammen mit der Mutter und vier Geschwistern im Rahmen der Familienzusammenführung – der    Vater hatte Asylberechtigung

    01.10.1996  Asylberechtigung

    17.12.1996  unbefristete Aufententhaltserlaubnis

    01.01.2005   Niederlassungserlaubnis

    30.05.2005  Widerruf der Asylanerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – Folge: Paimans Aufenthalt in Deutschland wird nur noch „geduldet“, sie kann jederzeit in den Irak abgeschoben werden („Voraussetzungen für Abschiebeverbot liegen nicht vor“)

    01.04.2007  Paimans Vater muss Deutschland verlassen

    27.04.2007  Bonner Oberbürgermeisterin widerruft in einer Ordnungsverfügung die Niederlassungserlaubnis

    14.05.2007  Paimans Mutter legt bei der Oberbürgermeisterin Widerspruch gegen die Ordnungsverfügung ein - die Entscheidung über den Widerspruch trifft der Kölner Regierungspräsident

    03.10.2007  Paimans Mutter muss Deutschland verlassen

    23.06.2009  der Regierungspräsident weist den Widerspruch zurück

    23.07.2009  Paimans sorgeberechtigte Schwester Govan erhebt Klage gegen    die Ordnungsverfügung vom 27.04.2007 vor dem Verwaltungsgericht Köln
     


    Hans Weingartz
    29. Juli 2009 
    An die
    Oberbürgermeisterin
    der Stadt Bonn

    Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, 
    ich wende mich an Sie als Klassenlehrer von Paiman Aziz. 

    Das dreizehnjährige Mädchen besucht seit dem 5. Schuljahr die Gesamtschule Bonn-Bad Godesberg. Seitdem ist sie in meiner Klasse und ich unterrichte sie in Deutsch und Geschichte. Sie ist ein sehr ruhiges, freundliches Kind, eine fleißige und strebsame Schülerin, die in die Klassengemeinschaft integriert  ist und sehr gute Aussichten auf einen qualifizierten Schulabschluss hat. 

    Paimans erwachsene Schwester Govan hat mir vor ein paar Tagen die Situation von Paiman und ihrer ebenfalls minderjährigen Schwester Avan geschildert. Beide Mädchen leben seit ihrer frühesten Kindheit in Deutschland, Bonn ist ihre Heimat. Avan war noch keine zwei Jahre alt, Paiman gerade ein halbes Jahr, als sie nach Deutschland kamen. Seit ihrer Einreise vor dreizehn Jahren haben sie den Irak, aus dem ihre kurdischen Eltern in den 90er Jahren aus Furcht vor Saddam Hussein flohen, nie mehr gesehen. Doch Bonn ist nicht nur die Heimat von Paiman und Avan, hier lebt auch der größte Teil ihrer Familie, neben Paiman und Avan auch ihre älteren Geschwister. Nachdem die Eltern der Mädchen vor zwei Jahren Deutschland verlassen mussten, ist die erwachsene Schwester Govan sorgeberechtigt für ihre beiden minderjährigen Schwestern. 

    An Sie, Frau Oberbürgermeisterin, wende ich mich deshalb, weil Sie am 27. April 2007 eine Entscheidung getroffen haben, die das Leben von Paiman und Avan in eine schlimme Lage gebracht hat. An diesem Tag haben Sie in einer "Ordnungsverfügung" die Niederlassungserlaubnis von Paiman und Avan widerrufen. Seitdem leben die beiden Kinder in der Angst, in ein Land abgeschoben zu werden, das sie nicht kennen und das nicht ihre Heimat ist, getrennt von ihren Geschwistern, bei denen sie Zuwendung und Sorge erfahren haben. Sie hätten vor zwei Jahren anders entscheiden  und Paiman und Avan aus humanitären Gründen die Niederlassungserlaubnis geben können. 

    Aus Sorge um das Wohl der beiden Kinder möchte ich Sie bitten, Ihre Entscheidung von 2007 zu überdenken und Paiman und Avan die Niederlassungserlaubnis zu geben. 

    Mit freundlichen Grüßen 
    Hans Weingartz 
     


    Bundesstadt Bonn - Amt 33-8 - 53103 Bonn
    7. August 2009 
    Sehr geehrter Herr Weingartz,

    Frau Oberbürgermeisterin Dieckmann hat mir Ihr an sie in der aufenlthaltsrechtlichen Angelegenheit der Geschwister Avan und Paiman Aziz gerichtetes Schreiben zur Beantwortung zugeleitet. Ich bin als stellvertretender Amtsleiter der Bürgerdienste der Stadt Bonn auch für Angelegenheiten des Ausländeramtes zuständig,

    Frau Oberbürgermeisterin Dieckmann ist über den Inhalt dieses Schreibens informiert.

    Bevor ich Ihnen die grundsätzliche ausländerrechtliche Problematik dieser Angelegenheit vorstelle, darf ich Sie bitten, dafür Verständnis zu haben, dass ich aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht befugt bin, nähere Einzelheiten aus den Personalakten der Betroffenen bekannt zu geben,

    Im Gegensatz zu dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind die Ausländerbehörden grundsätzlich nicht zuständig, in Asylverfahren eigenständige Entscheidungen zu treffen. Den Ausländerbehörden obliegt nur die Aufgabe, den Vollzug der Entscheidungen dieses Bundesamtes zu gewährleisten. Hierzu gehört auch die Rücknahme zuvor erteilter Niederlassungserlaubnisse. Das BAMF hat die Geschwister Aziz bereits im Jahre 2007 zum Verlassen des Bundesgebiets aufgefordert, nachdem ihren Eltern die Asylberechtigung entzogen wurde und diese sich wieder im Irak aufhalten.

    Gegen die vorgenannte Entscheidung klagen die Betroffenen, vertreten durch einen Bonner Rechtsanwalt, vor dem Verwaltungsgericht in Köln. Nicht nur aus diesem Grunde, sondern auch aufgrund einer Regelung durch das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, ist die Rückkehrpflicht der Betroffenen derzeit ausgesetzt.

    Nach Abschluss des Verfahrens wird die Ausländerbehörde der Stadt Bonn wohlwollend prüfen, ob den Geschwistern Aziz aus anderen Gründen der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet ggfs. ermöglicht werden kann.

    Mit freundlichen Grüßen
    Im Auftrag:
    Dick
    stellv. Amtsleiter
     


     Katrin Scholler:

    Paiman und Avan - „Geduldet“

    Ein paar Tage nach Beginn der Sommerferien erhielt Govan Aziz Post vom Kölner Regierungspräsidenten. „Der Termin lässt nichts Gutes erwarten“, war der erste Gedanke, den die Bonnerin  hatte, als sie den Brief öffnete. Mit ihren Befürchtungen sollte sie Recht haben! In zwei Briefsätzen teilte der Kölner Regierungspräsident ihr mit, dass die Widersprüche gegen die „Ordnungsverfügungen“ der Bonner Oberbürgermeisterin aus dem Jahr 2007 zurückgewiesen werden. Diese „Ordnungsverfügungen“ bedeuten für Govan Aziz' minderjährige Schwestern Paiman und Avan, dass sie keine unbefristete Aufenthaltserlaubnis mehr haben und sie jederzeit in den Irak abgeschoben werden können.

    In der Sprache der Juristen lautet der Widerspruchsbescheid aus Köln lapidar: „Den Widerspruch weise ich zurück. Die Kosten des Verfahrens sind von Ihnen selbst zu tragen.“ Anschließend wird auf fünf Seiten begründet, dass die Bonner Oberbürgermeisterin 2007 „ermessensfehlerfrei“ entschieden hat. Hinter dem Bescheid aus Köln und hinter dem mittlerweile einige Jahre dauernden Verfahren verbirgt sich etwas, von dem Govan Aziz sagt: „Nicht alles, was Recht ist, ist auch moralisch.“ In dem Verfahren geht es um so grundlegende Rechte wie das Recht auf Heimat und um das Recht auf Familie. Diese Rechte beanspruchen die beiden 13 und 14 Jahre alten Mädchen Paiman und Avan Aziz für sich. Ihnen gegenüber stehen diverse deutsche Ämter: das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das Ausländeramt der Stadt Bonn, die Oberbürgermeisterin, der Kölner Regierungspräsident und als nächstes wohl das Kölner Verwaltungsgericht.

    Paiman und Avan leben seit frühester Kindheit in Bonn-Bad Godesberg. Avan kam im Alter von anderthalb Jahren, Paiman im Alter von einem halben Jahr nach Deutschland. Ihre Eltern sind irakische Kurden. Im Mai 1995 reisten die Mädchen mit ihrer Mutter und drei anderen Geschwistern im Rahmen der Familienzusammenführung in Deutschland ein. Ihrem Vater war kurze Zeit vorher in Deutschland Asylberechtigung erteilt worden. Die beiden Mädchen bekamen die Asylberechtigung im Oktober 1996, am 17. Dezember 1996 die unbefristete Aufenthaltserlaubnis. In Folge der Neuregelung des deutschen Ausländerrechts durch das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz wurde daraus Anfang Mai 2005 für Paiman und Avan die „Niederlassungserlaubnis“, die den bis dahin bestehenden Aufenthaltstitel „unbefristete Aufenthaltserlaubnis“ ersetzt. 

    Mit der relativen Sicherheit, die Asylberechtigte in Deutschland haben und die auch für die beiden Kinder galt, war es wenige Monate später vorbei. Ende Mai 2005 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanerkennung der beiden Geschwister. Konsequenz für Paiman und Avan: sie werden seitdem in Deutschland nur noch „geduldet“, für sie gibt es kein – wie es in beschönigendem Jargon heißt –  „Abschiebeverbot“ mehr. "Aussetzung der Abschiebung Duldung" – lautet der Vermerk, mit dem sie seit 2005 leben. Die Abschiebung in ein fremdes Land lastet seitdem als ständige Bedrohung über den Geschwistern. Zwei Jahre später, im April 2007, tat die Bonner Oberbürgermeisterin ihren Beitrag dazu, diese Bedrohung zu verstärken. Sie widerrief in einer „Ordnungsverfügung“ die „Niederlassungserlaubnis“ und beendete damit die unbefristete Aufenthaltserlaubnis für die beiden. 

    Gegen diese Entscheidung der Oberbürgermeisterin legte Paimans und Avans Mutter im Mai 2007 Widerspruch ein. Das war das letzte, was sie für ihre beiden Töchter in Deutschland tun konnte. Kurz danach musste sie Bonn und ihre Kinder verlassen und in den Irak ausreisen. Der Vater war schon im April 2007 gezwungen Deutschland zu verlassen, weil seine Asylberechtigung abgelaufen war.

    Nachdem Paimans und Avans Eltern nicht mehr in Bonn sind, kümmert sich die ältere Schwester Govan, unterstützt von zwei anderen, ebenfalls erwachsenen und in Bonn lebenden Geschwister, um sie. Die junge Frau ist deutsche Staatsbürgerin und seit 2007 sorgeberechtigt für ihre beiden Schwestern. Bei ihr leben die Mädchen und sie kümmert sich um ihr tägliches Leben, z.B. auch um den Schulbesuch. Paiman und Avan sind Schülerinnen der Gesamtschule Bonn-Bad Godesberg, dort haben sie ihre Freunde und sind in das Schulleben voll integriert. „Paiman ist ein sehr ruhiges, freundliches Kind“, sagt Klassenlehrer Hans Weingartz über sie, „eine fleißige und strebsame Schülerin.“ Was ihre Zukunftsaussicht angeht, hat sie wie ihre Schwester Avan die besten Aussichten, an der Godesberger Schule einen qualifizierten Schulabschluss zu erhalten. Die Post aus Köln traf bei Familie Aziz wenige Tage nach Beginn der Sommerferien ein. „Der Termin ist deswegen ganz bestimmt kein Zufall“, sagt Govan Aziz, „weil alle Mitschüler von meinen beiden Schwestern und deren Eltern und Lehrer  in den Ferien sind. So glaubt der Regierungspräsident wohl, dass seine Entscheidung kein Echo an der Schule findet.“

    Seit ihrer Einreise in Deutschland vor dreizehn Jahren haben Paiman und Avan das Land, aus dem ihre Eltern in den 90er Jahren aus Furcht vor Saddam Hussein flohen, nie mehr gesehen. Bonn ist ihre Heimat und in Bonn lebt der größte Teil ihrer Familie. Ihr tägliches Leben ist von ihrem Status als „geduldete Flüchtlinge“ geprägt. Paimans Klasse fährt im Oktober in die Nähe von Trier, Nordrhein-Westfalen darf sie als „geduldeter Flüchtling“ aber gar nicht verlassen. „Wenn eine Klassenfahrt ansteht“, sagt Govan Aziz, „muss ich erst zum Ausländeramt laufen und um Erlaubnis fragen, ob die Kinder mit ihren Klassenkameraden mitfahren dürfen. Und die stellen dann eine Erlaubnis aus oder aber auch nicht - das hängt davon ab, wer gerade im Ausländeramt zuständig ist.“

    Die Oberbürgermeisterin hätte vor zwei Jahren den beiden Kindern diesen unwürdigen Zustand ersparen können. Sie hat bei ihren Entscheidungen einen Ermessensspielraum und aus humanitären Gründen hätte sie 2007 Paiman und Avan die Niederlassungserlaubnis erteilen können. Um den Zustand zu beenden, in dem Paiman und Aziz seit Jahren leben, hat Govan Aziz nun Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen die Ordnungsverfügung der Oberbürgermeisterin erhoben. Wie schätzt sie die Erfolgsaussichten ein? „Man wird sehen!“, sagt sie.

    (der Artikel erschien am 14.8.2009 in leicht 
    veränderter Fassung auf www.rheinraum-online.de)


    Rechtliche Lage:

    Übereinkommen über die Rechte des Kindes
    Die UN-Kinderrechtskonvention

    am 26. Januar 1990 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet (Zustimmung von Bundestag und Bundesrat durch Gesetz vom 17. Februar 1992 - BGB1. II S.121)

    Artikel 22 - Flüchtlingskinder

    (1)
        Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, daß ein Kind, das die Rechtsstellung eines Flüchtlings begehrt oder nach Maßgabe der anzuwendenden Regeln und Verfahren des Völkerrechts oder des innerstaatlichen Rechts als Flüchtling angesehen wird, angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe bei der Wahrnehmung der Rechte erhält, die in diesem Übereinkommen oder in anderen internationalen Übereinkünften über Menschenrechte oder über humanitäre Fragen, denen die genannten Staaten als Vertragsparteien angehören, festgelegt sind, und zwar unabhängig davon, ob es sich in Begleitung seiner Eltern oder einer anderen Person befindet oder nicht.
     


    Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet 
    (Aufenthaltsgesetz - AufenthG)

    Verkündet als Artikel I des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz, BGBl. 2004 I, Seite 1950). 

    § 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen 

    Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit achtzehn Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht, oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

    § 35 Eigenständiges, unbefristetes Aufenthaltsrecht der Kinder

    (1) Einem minderjährigen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, ist abweichend von § 9 Abs. 2 eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er im Zeitpunkt der Vollendung seines 16. Lebensjahres seit fünf Jahren im Besitz der Aufenthaltserlaubnis ist (...)
     

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    Klatsche für die Stadt

    9. November 2010: In dem Verfahren von Paiman und Avan Aziz gegen den Bonner Oberbürgermeister hat das Kölner Verwaltungsgericht dem Vorgehen der Stadt eine klare Absage erteilt. Die Entscheidung der damaligen Oberbürgermeisterin Dieckmann, den beiden Kindern die Aufenthaltserlaubnis zu entziehen, habe deren gesamten Lebensumstände nicht berücksichtigt - so das Kölner Gericht. Die Stadt habe lediglich wirtschaftliche Gründe für ihre Entscheidung vorgebracht. Tatsächlich sei Bonn für die Mädchen ihre Heimat und ein großer Teil der Familie lebe in Bonn. Paiman und Avan seien in das Leben in Deutschland integriert und sie hätten beste Aussichten auf einen qualifizierten Schulabschluss. Von minderjährigen Kindern könne die Stadt nicht erwarten, dass sie für ihre wirtschaftliche und finanzielle Versorgung aufkommen.

    Nach dieser Argumentation des Gerichtes blieb den anwesenden Vertretern des Oberbürgermeisters nicht sehr viel anderes übrig, als zu erklären, dass die Stadt die Entscheidung zurücknehme. Folge: Paiman und Avan Aziz haben nun wieder eine Aufenthaltserlaubnis, Furcht vor einer Abschiebung in den Irak brauchen sie nicht mehr zu haben.

    Die Mädchen wurden bei ihrem heutigen Prozesstermin von zahlreichen Mitschülerinnen begleitet. Sie freuten sich mit ihren beiden Klassenkameradinnen über das Ende des Verfahrens. Zustimmung erhielt das Ergebnis auch aus dem Bonner Rathaus. In einer Erklärung von CDU und Grünen im Rat heißt es: "Dieses Urteil begrüßen wir, hat doch der Rat im Mai beschlossen, dass die Stadt Bonn ihren Ermessensspielraum gegenüber Kindern und Jugendlichen ohne Aufenthaltsstatus, die sich in Schule oder Ausbildung befinden, voll ausschöpft.“
     
     


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